Samstag, 5. Februar 2005

Was wäre wenn ...

...ich völlig betrunken nach einer Party von der australischen Polizei aufgegriffen werde. Ich tendiere unter Alkoholeinfluss deutsch zu sprechen. Wahrscheinlich würde ich in einem Detention Centre für illegale Einwanderer ausnüchtern. Wie lange würde es wohl dauern bis meine Süße mich dort rausholen könnte? (Meine ausgeprägte Fantasie ist berufsbedingt.)

Oder vielleicht ist das obige Szenario gar nicht so abwegig?

Annas oder besser Cornelia Raus Geschichte hat mich persönlich zutiefst erschüttert. Zwar habe ich mich im Rahmen der Recherchen zu meinem neuen Buch »Die schwarzen Tränen der Sonne« intensiv mit der Flüchtlingspolitik Australiens auseinandergesetzt, wäre aber niemals auf den Gedanken gekommen, dass ein Fall wie Cornelias möglich wäre. Bisher waren es »bloß« Flüchtlinge, die erschöpft an der Küste Australiens ankamen und nach einer horrenden Flucht, auf der Suche nach Freiheit und Sicherheit, erst einmal in ein Lager mitten in der Wüste weggesperrt wurden.

In den Lagern herrschen unvorstellbare Zustände. Die Internierten, ohnehin schon vom Schicksal schwer geschlagen, werden dort bis zu fünf Jahren festgehalten, um dann zu erfahren, dass ihr Antrag auf Asyl abgewiesen wurde und sie abgeschoben werden. Hungerstreiks, Selbstmordversuche und Aufstände, die von den Behörden rigoros und vor allem mit unnötiger Brutalität niedergeschlagen werden, sind an der Tagesordnung.

Das alles ist schon lange bekannt. Die unabhängige »Australian Human Rights Commission« untersuchte im Auftrag der Regierung die Zustände in den Lagern und stellte neben Menschenrechtsverletzungen auch eindeutige Verstöße gegen die 1990 von Australien unterzeichnete UN-Konvention zum Schutz des Kindes fest.

Jetzt kommt eine offensichtlich mental angeschlagene Deutsche in die Mühlen der Einwanderungsgesetze. Das Bedenkliche an Cornelia Raus Fall (Photo: Family Photo, Brendan Esposito, The Age): Sie hat sich keines Vergehens schuldig gemacht. Auch ein Visa-Vergehen konnte ihr nicht nachgewiesen werden, da man noch nicht einmal wusste, wer sie wirklich war. Trotzdem wurde sie ohne Anklage oder Urteil für über zehn Monate eingesperrt, obwohl sie eigentlich unter ärztlicher Betreuung in einem Krankenhaus sein sollte und nicht in einem Detention Centre.

DIMIA stufte sie bloß als widerspenstig und störrisch ein, verweigerte eine Untersuchung ihres psychischen Zustands und machte sich nicht einmal die Mühe eine Personenbeschreibung mit der Vermisstendatei der Polizei abzugleichen. Mir drängt sich in diesem Zusammenhang die Frage auf, wie viele psychisch angeschlagene Menschen in den Lagern festgehalten werden, da man offensichtlich nicht einmal in der Lage ist eine klassische Schizophrenie zu diagnostizieren.

Was mich erschreckt ist, dass mir, als australischen Staatsbürger mit österreichischen Hintergrund, dasselbe jederzeit widerfahren könnte — oder jedem deutschen Permanent Resident, jedem ausländischen Touristen!

Ein psychisches Trauma, aus welchem Grund auch immer. Die Polizei denkt zu allererst an Ausländer ohne Visum, und ab geht es nach Baxter, Villawood oder Port Hedland. Das ist, ehrlich gesagt, äußerst bedenklich.

Cornelia Rau wünsche ich alles Gute und gute Besserung!

PS: Das wird das letzte Posting zum Thema Cornelia sein. Diese Geschichte hatte zum Glück ein beinahe Happy End. Vanstone & Co haben ein Ei im Gesicht und eine Menge lästiger Fragen zu beantworten.

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