Dienstag, 25. März 2008

Stress ...

Es ist seltsam, dass wir das unscheinbare „Jetzt“ oft so abwerten, die vergangenen Zeiten glorifizieren oder verdammen und die künftigen mit übermäßigen Hoffnungen und Erwartungen betrachten. Kosten wir dieses „Jetzt“ nicht aus, sondern erwarten wir alles von der Zukunft, dann besteht die Gefahr, dass wir auch in den kommenden Zeiten nur enttäuscht werden, weil wir die konkreten Angebote des künftigen Augenblicks auch nicht so erschließen, wie sie auf uns zukommen. So leben wir vermeintlich nie, sondern hoffen zu leben, und so ist es unvermeidlich, dass wir in der Bereitschaft, glücklich zu sein, es niemals sind.

Das Unerledigte und Aufgeschobene, das uns bedrängt und das wir immer wieder verdrängen müssen, kostet nicht nur Energie. Im gleichen Maße, wie wir Energie abziehen, laden wir negative Energie auf, indem unsere Gedanken immer wieder darum kreisen und wir vielleicht ein schlechtes Gewissen haben und uns mulmig fühlen. Wir müssen handeln, denn ab einem bestimmten Zeitpunkt wird Nichthandeln zur Vermeidung.

Das komplizierte Leben, zu dem wir uns gezwungen glauben, macht es schwer, den Tag zu planen, viele Dinge zu bedenken, die Gewichtigkeit der einzelnen Aufgaben abzuwägen, die nächsten Termine schon im Blick zu haben. Das führt dazu, dass wir nicht mehr bei dem verweilen können, was wir gerade tun, weil immer schon die nächste Aufgabe wartet, eine weitere Tätigkeit ansteht. Also rationieren wir die Zeit, werden fahrig und nervös, vermengen die verschiedenen Bereiche, fühlen uns innerlich zerrissen und werden keiner Aufgabe mehr wirklich gerecht.

Vor der Vielfalt der Beanspruchungen können wir nicht mehr fliehen, aber wir können dafür Sorge tragen, dass diese Fülle verschiedener Aufgaben uns nicht zersprengt und zerstreut. Wenn wir durch das Übermaß an verschieden Aufgaben unter Druck geraten und im Wirrwarr der Anforderungen nicht mehr wissen, was wir tun sollen (und jedes Tun immer dadurch gestört wird, dass man noch andere wichtige Dinge ebenfalls tun müsste) kann es uns helfen, das wir innehalten.

Ich habe keine Zeit“ heißt vielmehr: meine Zeit ist bereits mit etwas uns wichtigerem verplant! Weil unsere Zeit durch festliegende Verpflichtungen scheinbar weitgehend ausgebucht ist, müssen wir für die verbleibende Zeit immer wieder Prioritäten setzen, müssen jeden Tag Entscheidungen treffen, was uns wichtig ist und was nicht. Wir müssen unsere Karten auf den Tisch legen. Wofür habe ich keine Zeit, was erachte ich als Zeitvertreib, und wofür bin ich grundsätzlich nicht bereit, einen Zeitraum zur Verfügung zu stellen?
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Donnerstag, 10. Jänner 2008

MarcusStarck.com im neuen Look

 Geschafft! Heute geht meine Website im neuen Look online. Ich hoffe, dass mein Webmaster es schafft die Beiträge von 2006 und 2007 aus dem Cybernirvana zu retten und nach und nach hier online zu stellen. Ich werde versuchen zumindest dreimal pro Woche etwas zu schreiben. Versprochen, oder so ...

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Dienstag, 1. Jänner 2008

Pulp Fiction: Ein Rück- und & Überblick

 Die Wiederauferstehung der Pulp Fiction, so wie wir sie heute kennen, wurde nicht etwa durch Quentin Tarantinos gleichnamigen Erfolgsfilm eingeleitet, genau genommen ging es bereits in den Achtzigern los. Somit ist die Zeit reif für einen Rück- und Überblick, der allen Quer-und Neueinsteigern ein Einlesen erleichtern soll. Eine Art rabenschwarzer Pulp Kanon. Ohne netten, belanglosen Klischee- und Mainstreamschrott.

 In San Francisco entdeckte damals die Punkszene inmitten der unüberblickbaren Masse an Kriminalliteratur das eigenständige, charismatische Sub-Genre für sich; denn hier wurden gesellschaftlich verdrängte Phänomene wie Gewalt, Kriminalität, Sexualität, Drogen und Rassismus thematisiert, völlig unbehelligt von Konvention und Zensur. V. Vale, ein großer Verehrer von Williams S. Burroughs [Lesetipp:  Junkie - Bekenntnisse eines unbekehrten Rauschgiftsüchtigen, Rowohlt] gründete mit wenigen hundert Dollar Startkapital, die er unter anderem von keinem geringeren als Allen Ginsberg für das Punkfanzine SEARCH & DESTROY bekommen hatte, den Verlag RE/SEARCH. Dort veröffentlichte er einen Reprint des Debütromans von Charles Willeford. Das ein ehemaliger Pulp-Writer wie Willeford ausgerechnet im Punk-Umfeld wiederentdeckt wurde, war kein Zufall. Denn Willeford hatte das schöne Cadillac-Amerika gnadenlos demaskiert und als Protagonisten einen fiesen, selbstgefälligen Antihero agieren lassen. Ein Macho-Arschloch, das seine eigene Auffassung vom American-Way-of-Life zelebrierte. Auch die ersten Serienmorde Ende der Siebziger, die die Öffentlichkeit durch die Medien jetzt bewußter miterlebte, führte zu thematischen Überschneidungen zwischen Pulp und Punk.

 Die US-Punks Dead Boys besangen den SON OF SAM auf ihrem zweiten Longplayer We have come to your children während sich Willeford literarisch in Off the wall mit dem irren NY-Killer auseinandersetzte, der sich durch einen dämonischen Köter dazu berufen fühlte, wahllos parkende Diskobesucher in ihren Autos abzuknallen. Das hier war von ganz anderem Kaliber als der „Krimi“ wie man ihn hierzulande kannte, denn der wurde stiefmütterlich der Kategorie Unterhaltungsliteratur zuordnet und nicht weiter ernstgenommen. Unweit von San Francisco jedoch, in Berkeley, brachten die BLACK LIZARD BOOKS und Herausgeber Barry Gifford (Wild at heart), weitere Willefords und andere klassische Pulp-Poeten wie den lange verkannten Jim Thompson [Lesetipp: 1280 schwarze Seelen, Diogenes] zurück in die Buchregale. Autoren, deren Bücher mehrere Dekaden in Antiquariaten vergilbt und verstaubt waren. Autoren, die ihre Bücher entgegen dem Zeitgeist mit psychopathischen Fieslingen bevölkert hatten und dem Leser eine andere Sichtweise der gesellschaftlichen Verhältnisse offerierten. Die des Antiheros.

 Historisch gesehen war es Paul Cain [Lesetipp: Null auf Hundert, Antiquariat] der 1933 im legendären US-Pulpmagazin BLACK MASK als Erster die Figur des Antiheros als Stilmittel einsetzte und so die Welt der Crime- und Pulp Fiction veränderte. Cain beeindruckte damit sogar den bereits zu Lebzeiten erfolgreichen Dashiell Hammett, der zuvor in Rote Ernte [Lesetipp: Rote Ernte, Diogenes] seinen Privatdetektiv nach „Pissville“ geschickt hatte, um die korrupten und kriminellen Elemente gegeneinander auszuspielen. Es war jedoch höchste Zeit, die vertrackte Lage der Nation mit einem Antihero von innen heraus aufzuzeigen, denn die zwanziger Jahre waren eine ziemlich gesetzlose Epoche: die Prohibition hatte die verbotene Herstellung und den Vertrieb von Spirituosen jeglicher Art im großen Stil provoziert und schon nach kurzer Zeit wurden illegale Verhaltensweisen zur gesellschaftlich akzeptierten Norm. Eine ganze Nation verhielt sich im Prinzip gesetzlos und erlaubte so der Unterwelt sich zu organisieren und stark genug zu werden, um die kriminellen Fühler bis in die höchsten Ebenen von Gesellschaft und Regierung auszustrecken und die Polizei zu korrumpieren.

Paul Cains  Porträt des amerikanischen Antihero stellte dementsprechend auch mehr eine Art Grenzgänger zwischen Gesetz und Illegalität dar, der die Fäden von überall zog, der manchmal mit der Polizei zusammenarbeitete, um selbst an Informationen zu kommen oder sich Vorteile zu verschaffen, manchmal aber auch unentdeckt im Schatten agierte. Für das noch junge Hardboiled-Genre, das aus einer Melange verschiedener Stile und Genre entstanden war, und eher auf die Mythen und Heldenfiguren des alten Western setzte, war das ein Paukenschlag. Die Masse der Pulp Writer kreierte unzählige Detektivhelden, und die setzten sich oft mit größeren Themen auseinander: Senator McCarthys Kommunistenjagd, nukleare Bedrohung, Jugendkriminalität und landesweit organisiertes Verbrechen. Die zu letzterem abgehaltenen Anhörungen vor Untersuchungsausschüssen wurden Anfang der Fünfziger in Radio und Fernsehen übertragen und brachten unter anderem kriminelle Verwicklungen bis hin zum netten Politiker von nebenan zu Tage.

Während  Mickey Spillane der schockierten Öffentlichkeit als Antwort seinen Privatdetektiv Mike Hammer schickte, der mit korrupten und kriminellen Elementen im wahrsten Sinne des Wortes kurzen Prozess machte, debütierte Charles Willeford eher unspektakulär, dafür aber mit weitaus überzeugenderer Charakterisierung. Doch der lesende Durchschnittsbürger war anscheinend weniger an Willefords Exkursionen in die Psyche des fiesen Gebrauchtwagenhändlers Russel interessiert, sondern ergötzte sich eher an Spillanes geschickter Überdosierung an Sex und Gewalt und Mike Hammers Selbstjustiz. Die ersten Willeford-Romane gingen damals sang- und klanglos in der Masse der Pulps unter, während Spillane die Auflagenhöhen in die Millionen trieb, ein paar Feministinnen erschreckte und unzählige Kollegen beeinflusste, die sich fortan als Nachahmer versuchten. (Das sich hierzulande ausgerechnet Rotbuch Spillane annimmt, obwohl es noch soviel Interessantes und Unveröffentlichtes zu entdecken gibt, kapiere ich bis heute nicht.) Willeford dagegen, der als Waisenkind auf der Straße groß wurde und später die Zeit in der Armee als Panzerfahrer überstand, ließ sich nicht beirren, machte mit optimistischem Nihilismus weiter, schaffte mit Miami Blues [Lesetipp: Miami Blues, Alexander Verlag] den Durchbruch und skizzierte weiter die Selbstgerechtigkeit eines anderen Amerika, das intolerant und gewaltbereit ist.

 Anfang der Sechziger stellte der Berufszocker Dan J. Marlowe mit dem gewalttätigen Bankräuber Earl Drake [Lesetipp: Das Spiel heißt Tod, Antiquariat] eine Variante des Antiheros vor, der nun gänzlich auf der anderen Seite des Gesetzes stand. Marlowe beschrieb Gewaltverbrechen ganz gezielt aus der Täterperspektive. Beeinflusst und beraten wurde Marlowe von seinem kriminellen Freund Al Nussbaum, der es im realen Leben bis auf die ðTen Most Wanted ListÐ des FBI schaffte, bis er 1962 verhaftet und in ein Bundesgefängnis in Illinnois gesteckt wurde. Hinter Gittern unterhielt Nussbaum mit Marlowe Briefkontakt und versorgte ihn mit Insiderwissen über Alarmanlagen, Geldschränke und Waffen aller Art, verfasste sogar eine Dokumentarstory mit ihm gemeinsam. Die Publikation wurde jedoch vom FBI unterbunden, das hierin eine Art Handbuch für Bankräuber sah, und Nachahmung und Legendenbildung vorbeugen wollte. Marlowe, der zwischenzeitlich in seinem Heimatort Harbour Beach als stellvertretender Bürgermeister in den City Council gewählt wurde, stand Nussbaum während der Haftzeit mit Rat und Tat zur Seite, was Bewährungauflagen oder die ersten Gehversuche Nussbaums als Schriftsteller betraf.

 Bei den zeitgenössischen Autoren hat sich Edward Bunker [Lesetipp: Der letzte Coup, Heyne] in dieser Sparte etabliert. Bunker saß selbst mehrere Jahre in San Quentin ab, bevor er mit dem professionellen Schreiben begann. Eines Tages lobte Tarantino Himself Bunkers Debütroman (der mit Dustin Hoffman als Stunde der Bewährung verfilmt wurde) und bot ihm die Rolle des Mr. Blue in Reservoir Dogs an, was Aufstieg und Bekanntheitsgrad Bunkers nur noch beschleunigte. Die Rolle des verzweifelten Ex-Knackis, der auch nach Verbüßen der Haftzeit keine wirkliche Chance zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft bekommt, zieht sich wie ein autobiographischer roter Faden durch Bunkers Texte, genauso wie der Aspekt, dass sich Kinder, die aus zerrütteten Familienverhältnissen stammen, die mißhandelt oder im Pflegeheim seelisch verstümmelt werden, unweigerlich auf die schiefe Bahn geraten und sich auf den Trail of Dead begeben.

 Wie man pornographische Pulp Fiction zu einem irren, bizarren und doch überzeugenden Genre-Crossover verarbeiten kann, bewies der SF-Autor Philip José Farmer [Lesetipp: Fleisch - Drei Romane in einem Band, Heyne] bereits 1968 in Die Verkörperung des Bösen: Die Polizei von LA untersucht ein anonymes Videotape auf dem neben der Hinrichtigung von Detective Childes Partner Colben auch paranormale Erscheinungen zu sehen sind: Sie hob rasch den Kopf. Colbens Penis zuckte und verspritzte eine dicke, weiße Flüssigkeit. Sie öffenete weit den Mund, beugte sich schnell wieder über ihn und biß zu. Ihre Kiefermuskeln spannten sich; ihre Halsmuskeln wurden zu Tauen. Colben kreischte ... Beim erstenmal war Childe ohnmächtig geworden. Diesmal sprang er auf und rannte zur Tür, aber er mußte sich übergeben, bevor er sie erreichte. Er war nicht der einzige.

 Der Brite Derek Raymond setzte sich in seiner äußerst unbequemen Prosa intensiv mit dem Phänomen des Serienkillers auseinander: Bei meinem Interesse an Psychopathen geht es darum, inwieweit ein von diesem Geisteszustand Betroffener die Gesellschaft widerspiegelt, in der er aufgewachsen ist. Der tief greifende Schock, der seine Psyche in zwei Teile gespalten hat, war, wie und wo auch immer es sich ereignete, das Resultat eines Schadens, der dem Betroffenen von einem Mitglied der Gesellschaft zugefügt wurde, und die Schockwellen breiten sich aus wie die Wellen auf der Oberfläche eines Teiches, in den man einen Stein wirft, bis sie schließlich ein enormes Gebiet abdecken. Was für den Leser bei seinem vielleicht wichtigsten Buch Ich war Dora Suarez [Lesetip: Ich war Dora Suarez, Maas] einer Tortur gleichkam, muss für Raymond beim Schreiben selbst die Hölle gewesen sein.

 Gerade die hin und wieder zu beobachtende Gratwanderung, der Versuch, Weltschmerz und stringenten Plot miteinander zu vereinen, gibt den Blick auf das Wesen des Genres frei, den die Perfektion eines James Ellroy häufig zu verstellen droht und in pure Unterhaltung und Spannung abdriften lässt. In seiner L.A.-Triologie verflechtet Ellroy ein korruptes L.A.P.D und Unmengen historischer Fakten und Namen von Persönlichkeiten aus den Fünfzigern zu einem atemberaubenden Plot, in einem sprachlich überwältigendem Stakkato. Crime Novels are dead, L.A. is dead for me. I need to write historical novels about bad man doing bad things in the name of authority. (James Ellroy). [Lesetipp: White Jazz, Ullstein]

 Die Themenpalette an sich wurde in den Achtzigern im ganzen Genre erheblich erweitert, die zunehmende Präsenz von Drogen in allen Gesellschaftsschichten, AIDS, Obdachlosigkeit und sexueller Missbrauch, insbesondere an Kindern, wurde zunehmend thematisiert. Joe R. Lansdale, der in Texas lebt und sich in verschiedenen Genres austobt (Horror, Western, Comics, Thriller), rührt diesen Albtraumcocktail zumeist noch mit einem Spritzer Rassismus an. [Lesetipp: Akt der Liebe, Maas]

 Die Neunziger standen ohne Zweifel unter dem Einfluss von Quentin Tarantino, der die Plots von alten Pulps und Filmen plünderte, um sie mit angereichter, effektvoller Designer-Gewalt für Filme und Drehbücher wieder Hollywood-Kompatibel zusammenzusetzen. Was dann folgte waren unzählige Filme wie Natural Born Killers oder Love and a .45, die dem neuen Konzept folgten, dass cineastische Gewalt Spaß machen kann und erlösend wirkt, sich sogar problemlos immer weiter steigern lässt, sofern man die Charaktere zu Symbolen degradiert und entpersonifiziert. Bemerkenswerter ist daher um so mehr, dass es unter den Newcomern auch Autoren gibt, die diesem Trend wieder entgegensteuern, und sich mehr auf die NOIR-Qualitäten eines Willeford oder Hammett berufen.

 Hammetts Rote Ernte hieß im Original Red Harvest, Scott Phillips debütierte 2000 mit Ice Harvest. [Lesetipp: Alles in einer Nacht, Knaur] Hier schließt sich ein Kreis. Als „Pissville“ fungiert diesmal Wichita in Kansas am heiligen Abend des Jahres 1979. Der etwas schräge Ex-Anwalt Charlie Arglist will das Kaff in neuneinhalb Stunden mit einem Haufen Kohle verlassen. Ein allerletztes Mal schliddert Charlie in dieser Nacht völlig auf Koks und Alkolhol mit seinem Lincoln über schneebedeckte Straßen zu seinen ehemaligen Wirkungsstätten: Dem Tittenclub Sweet Cage, den er als Handlanger für eine lokale Gangstergröße abkassiert, Single-Kneipen und Bars in denen er einst Stammgast war, und die scheinheilige Weihnachtsfeier seiner Ex-Familie, die er vor Jahren wegen dem lukrativen Gangsterjob aufgegeben hat.

 Er zog seine Brieftasche heraus und blätterte einen Fünfziger hin. „Fröhliche Weihnachten. Hier ist noch einer für Madelyn.“ Er legte den zweiten Schein auf die Theke. „Das ist viel Geld, Charlie ... Du bist sicher, dass du das machen möchtest, Charlie?“ „Ja, ich hab genug Geld, mach dir darüber keine Sorgen.“ „Soll ich dir einen blasen, Charlie?“ Er schob die Brieftasche in seine Gesäßtasche. „Ich mach das nicht, weil ich will, dass du mir einen bläst.“ „Das weiß ich. Ich meinte, eher so als Weihnachtsgeschenk.“ „Danke, aber ich muß los. Noch ´n schönes Weihnachtsfest.“

 Dass das Weihnachtsfest für Charlie im zweiten Teil des Buches dann doch anders als geplant verläuft, liegt auf der Hand. Genauso wie mein Verdacht, dass Scott Phillips Blut geleckt hat und jetzt erst richtig loslegt. Ein Name für die Watchlist.
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Donnerstag, 18. Mai 2006

Permakultur

 Mittlerweile habe ich Stunden damit verbracht im Internet eine Lösung für mein Problem zu finden (anstatt Stunden damit zu verbringen mein Manuskript fertig zu stellen - aber das ist nicht der Punkt).

 Bei meinen Recherchen bin ich über ein System gestolpert das natürliche Ökosysteme imitiert. Permakultur ist eine komplexe Art der ökologischen Garten- und Landschaftsgestaltung. Angestrebt ist ein Ökosystem, das sich selbst erhält und Erträge bei minimalem Pflegeaufwand erwirtschaftet. Da ich immer schon körperlicher Arbeit aus dem Weg gegangen bin, gefällt mir dieser Ansatz ganz gut.

 Der Begriff Permakultur leitet sich aus Permanent Agriculture ab und wurde 1976 von dem Australier Bill Mollison geprägt. Zusammen mit anderen war er zu der Überzeugung gelangt, dass die bisher in Australien, wie auch in anderen westlichen Kulturen angewandte Landwirtschaft mehr Probleme schafft als sie beseitigt. Erosion, Versalzung der Böden durch Düngereinsatz und Verarmung des Bodenlebens durch Monokultur und Pestizideintrag bedeuteten für Australien einen immer imenser werdenden Verlust an Lebensgrundlage. Dem wurde ein System gegenübergestellt, das basierend auf genauer Naturbeobachtung, versucht, die Prozesse zu imitieren, die stabile Ökosysteme anwenden um ihr Überleben zu sichern. Das sind in erster Linie Vielfalt, Kreislaufwirtschaft, gesunder Wasserhaushalt.

 Geoff Lawton, einer der führenen Permakultur Berater hält hier nächste Woche einen Vortrag über seine Arbeit. Ich habe dazu dieses interessante Youtube Video mit dem Titel “Greening the Desert” gefunden.



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Mittwoch, 10. Mai 2006

Ich brauche Land

 10 Acre fruchtbarer Boden sollten reichen um im schlimmsten Fall über die Runden zu kommen. Ein hübsches Häuschen, Pool, irgendwo wo es genug Wasser gibt und es auch nicht allzuweit zum Strand ist. Das Beste: Ich habe auch schon ein passendes Objekt gefunden.

 Doch halt. Was mache ich mit dem Land? Bei mir überlebt ja nicht einmal der Fikus Benjamini im Topf. Geschweige denn Pflanzen, die man essen kann. Ich kann ein Buch schreiben, ein Unternehmen profitabel führen Geld vermehren, einen Computer bedienen, Auto fahren, ein Flugzeug fliegen, alles kein Problem. Ich kann jedoch fast keinen der Bäume im Wald benennen, weiss nicht wie man Gemüse anpflanzt, oder einen Obstbaum beschneidet. Ich weiss ja nicht einmal wie ich das Land, das ich kaufen möchte beurteilen soll. Außer einer schönen Lage, guter Aussicht und netten Nachbarn falen mir keine weiteren Kriterien ein.

 Wie beurteile ich den Boden? Wie weiss ich ob genug Wasser vorhanden ist? Wie kann ich wissen, ob ein Stück Land Nachhaltig bewirtschaftet werden kann?
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Mittwoch, 3. Mai 2006

Hubbert's Peak

Das Phänomen des Peaks hat erstmalig der amerikanische Geologe Marion King Hubbert beschrieben. 1956 schätzte er, dass der Förderhöhepunkt der amerikanischen Produktion zwischen 1966 und 1972 liegen würde. Tatsächlich erreichten die USA ihren Peak im Jahr 1970, was aber erst ein Jahr später offensichtlich wurde, als die Fördermengen kontinuierlich sanken.

Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass Hubbert mit dieser Studie den Einsatz von nuklearer Energie als Alternative fördern wollte.

Hier klicken für den 1956 Bericht von M. King Hubbert mit dem Titel Nuclear Energy And The Fossil Fuels"
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Montag, 24. April 2006

Die Ära nach dem billigen Öl

 Was geschieht, wenn der Förderhöhepunkt von Erdöl überschritten sein wird? Eine Reihe von Autoren kommt zu dem Schluss: Ja, der Förderhöhepunkt, der Peak, steht unmittelbar bevor. Und er wird gewaltige Auswirkungen haben: auf den Alltag, auf die Wirtschaft, auf die globale Kultur insgesamt.



 Die Energiekrise wird lange andauern, sie wird schwierig zu meistern sein, immerhin, sie wird nicht zu einem völligen Niedergang der Zivilisation führen, möglicherweise sogar zu einem nachhaltigeren, einem erfüllteren Lebensstil als heute. Dies ist eine sehr amerikanische Diskussion: Ein Land, das mit Abstand den größten Ölverbrauch der Welt hat und dessen Siedlungsstrukturen in Zeiten entstanden sind, als Benzin billiger war als Mineralwasser in Flaschen, wird sich seiner Abhängigkeit bewusst. Im Kern geht es um einen dringenden Aufruf zur Dematerialisierung.

Was ist der Peak?

 Wenn der globale Peak von Erdöl erreicht sein wird, gibt es immer noch riesige Mengen Öl im Boden – genau so viel wie seit dem Beginn der kommerziellen Gewinnung im Jahr 1859 bis zum Peak gefördert sein wird. Aber: Von diesem Zeitpunkt an wird es Jahr für Jahr schwieriger, gar unmöglich, mehr Öl zu finden und zu pumpen als im Jahr zuvor.“ So beschreibt es Richard Heinberg  in seinem Buch The Party’s over. Der Peak ist deshalb so bedeutsam, weil er den Zeitpunkt markiert, in dem die Nachfrage das Angebot endgültig übersteigen wird.

  Während der vergangenen 200 Jahre haben wir uns daran gewöhnt, immer mehr Öl zur Verfügung zu haben. Die Bevölkerung ist stark angestiegen, die globale Ökonomie hat ungeheuer zugelegt. Die entscheidende Energie dahinter war in wachsendem Maße billiges Erdöl. Das wird sich radikal ändern. Lester Brown sagt es so: „In einer Welt mit sinkender Ölproduktion, kann kein Land seinen Verbrauch weiter steigern, es sei denn auf Kosten anderer.“

  Heinberg schlägt seinen Lesern vor: Begeben Sie sich an einen belebten Ort in der Stadt. Setzen Sie sich irgendwo hin. Und beobachten Sie, was um Sie herum geschieht. Wo überall Energie eingesetzt wird: in der Beleuchtung, im Transport, in der Kommunikation; in den Häusern, Autos, in der Kleidung, der Nahrung sind große Mengen Energie enthalten – die man auf den ersten Blick gar nicht sieht. Nun, sagt Heinberg, stellen Sie sich vor: Alle diese Energie würde weniger, zuerst um 10 %, dann 25 %, schließlich 75 %. Was wäre dann? – Das ist der Prozess, wie wir ihn etwa bis zur Mitte des Jahrhunderts erleben werden.

  Ölvorkommen, einzelne Felder ebenso wie die weltweiten Lagerstätten insgesamt, laufen nicht einfach leer wie ein Tank: gleichmäßig, bis es zu Ende ist. Ölvorkommen beschreiben einen typischen Lebenszyklus: Zunächst steigt die Förderung an, dann verharrt sie auf einem Plateau, um anschließend kontinuierlich zu sinken.

  Das Phänomen des Peaks hat erstmalig der amerikanische Geologe Marion King Hubbert beschrieben. Geboren wurde er 1903 in Texas, später war er Wissenschaftler bei Shell. 1956 schätzte Hubbert, dass der Förderhöhepunkt der amerikanischen Produktion zwischen 1966 und 1972 liegen würde. Tatsächlich erreichten die USA ihren Peak im Jahr 1970; was aber erst ein Jahr später offensichtlich wurde, als die Fördermengen kontinuierlich sanken. Heftige wirtschaftliche Verwerfungen waren die Folge. Die USA, einst größter Ölproduzent der Welt, haben diese Erfahrung also bereits hinter sich. Nun läuft die Welt als Ganze unerbittlich auf das Fördermaximum für konventionelles Erdöl zu.

  Die zweite entscheidende Figur, auf die sich die – in den USA besonders virulente – Diskussion um den globalen Peak bezieht, ist Colin J. Campbell, ebenfalls Geologe und ebenfalls lange Jahre auf der Lohnliste von Ölgesellschaften wie Texaco, Amoco und BP. In deren Auftrag war er rund um den Globus tätig. Er kennt also das Geschäft. Über seine ehemaligen Kollegen, die Ölmanager sagt er heute: „Es gibt etwas, worüber sie nicht gerne reden: die Erschöpfung der Ressourcen. Für die Leute von der Investment-Lobby, die beständig auf der Suche nach der guten Nachricht und nach einem positiven Image sind, ist das Wort mit üblem Geruch belegt. Für sie ist es nicht so einfach, alle diese komplizierten Dinge zu erklären, dafür haben sie weder ein Motiv noch die Verantwortung. Es ist nicht ihr Job, sich um die Zukunft der Welt zu kümmern. Die Direktoren sind im Business, um Geld zu machen, in erster Linie für sie selber, auch für ihre Shareholder, wenn sie es denn können.“ Campbell ist der Gründer der Association for the Study of Peak Oil  (ASPO), eine Vereinigung von ehemaligen Ölmanagern und Wissenschaftlern, die sich zum Ziel gesetzt haben, die Folgen des Peaks aufzuarbeiten und publik zu machen.


Wann kommt der globale Peak?

 Es gibt unterschiedliche Methoden, den globalen Peak zu berechnen, beispielsweise die Reserven und Produktionsdaten einzelner Länder zu bestimmen und von dort aus weiter zu rechnen. Campbell prognostiziert den globalen Förderhöhepunkt für das Jahr 2008. Die zuständige deutsche Behörde, die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover, sieht das Ereignis später, zwischen 2015 und 2020.

 Gibt es Gegenargumente? – Es gibt eine andere Sicht. Sie wird wesentlich von Ökonomen vertreten. Richard Heinberg nennt es das „cornucopian argument“, das Füllhornargument. Im Kern lautet es: Je mehr Energie wir verbrauchen, desto mehr werden wir entdecken. So allgemein formuliert kann man es auf die Vorräte von konventionellem Öl sicher nicht anwenden. Die Lagerstätten sind endlich, das liegt in der Natur der Sache. Folglich gibt es auch einen Zeitpunkt, in dem die Hälfte der globalen Vorkommen erschöpft sein wird.

Übrigens gibt es viele kleine Peaks. Für die US-Produktion war er wie gesagt 1970, für die britischen Vorkommen in der Nordsee 1999, Kanada und Mexiko sind für 2007 prognostiziert. Also viele kleine Peaks, aber nur ein großer.

 Der Peak der weltweiten Ölproduktion ist ein einmaliges historisches Ereignis. Dass er kommt, wissen wir. Wann genau, weiß niemand. Der Peak sendet keine Signale. Erst im Nachhinein ist er zu erkennen. Die Märkte reagieren immer nur kurzfristig, auf Angebot und Nachfrage. Die Ausschläge werden heftig sein, die Auswirkungen auf die Wirtschaft gewaltig.


Warum regenerative Energien uns nicht retten werden

  Richard Heinberg und James Howard Kunstler diskutieren sämtliche Alternativen: von den Ölsänden, über Erdgas, Kohle, also die fossilen Energieträger, über regenerative wie Sonne, Wind und Wasserkraft; hinzu kommen Geothermie und Atomenergie. Die Autoren sind sich einig: Erdöl hat eine dermaßen zentrale Bedeutung für das globale Energiesystem, wenn dieses Segment langsam aber sicher abschmilzt – das wird Folgen haben!

 Insbesondere kritisieren Heinberg und Kunstler den aus ihrer Sicht naiven Glauben, man könne Öl einfach durch regenerativ erzeugte Energie ersetzen. Vielmehr zeigen sie: Regenerative Energiesysteme sitzen auf einem Fundament billiger fossiler Energie. Bei der Windenergie z.B. ist es die gesamte Infrastruktur, also die Windräder, die Maschinenteile wie die Betonpfeiler; sämtliche Transport- und Servicefahrzeuge laufen mit billigem Öl. Wenn dies nicht mehr zur Verfügung steht, verändern sich auch die Preise regenerativ erzeugter Energie. Die These der Autoren lautet: Das Energieangebot insgesamt wird geringer, die Preise werden deutlich steigen. Damit leben wir in einer anderen Welt.


Folge 1: Das Ende der Vorstädte

 Der eigentliche Verdienst der amerikanischen Autoren, die sich des Themas „der Peak und die Folgen“ angenommen haben, liegt darin, dass sie die möglichen Konsequenzen der Energieverknappung durchdacht und plastisch ausgemalt haben. So erst wird die ganze Dramatik deutlich.

 Kunstler liebt ähnliche Gedankenexperimente wie Heinberg: also sich die heutige, vor allem die amerikanische Wirklichkeit bei drastisch steigenden Öl- und Benzinpreisen vorzustellen. Er wählt eine beliebige Landstraße im Staat New York mit einer der uniformen Ansammlungen von Häusern, irgendwo an einer Straßenkreuzung, mit Fast Food Shops, Wal Mart und Tankstelle, mehr nicht. Kunstler fragt: Ohne billiges Benzin, wie sollen die Bewohner weiterhin 30, 50 oder gar 100 Meilen täglich mit dem Auto fahren können, um einen Job zu erledigen oder einzukaufen? Die Antwort: gar nicht. Die typisch nordamerikanische Siedlungsform unendlicher Vorstädte mit freistehenden Häusern, Kilometer über Kilometer, ohne ein nennenswertes Angebot von öffentlichem Personennahverkehr, wird es so nicht mehr geben. Die Immobilienpreise werden verfallen, aber wo sollen die Leute hin? Ohne Job, wenn ihr Haus nichts mehr wert ist? Viele dieser Siedlungen werden die Slums der Zukunft werden, prophezeit Kunstler.

  Weite Teile der Siedlungsstrukturen, vor allem in den USA, sind das Produkt von billigem Öl. Kunstler nennt es Suburbia und diagnostiziert ein Ende dieses „Drive-in-Utopia“, des Traums vom Leben auf dem Land, mit eigenem Haus, mit dem entsprechenden Fahrzeugpark, mit Flotten von gelben Schulbussen, die die Kinder aus einem riesigen Einzugsgebiet am Morgen einsammeln und abends wieder heimbringen. All das wird es so nicht mehr geben.

 Ein ähnliches Schicksal wird die großen Städte ereilen. New York, Chicago, Los Angeles sind die Produkte von billigem Öl. Hochhäuser mit geschlossenen Fassaden, bei denen man kein einziges Fenster öffnen kann, und die folglich nur mit großem Energieaufwand für Klimaanlagen zu betreiben sind, hinzu kommen Energie-fressende Aufzüge – Kunstler nennt diese Architektur eine experimentelle Bauform, die in einem Zeitalter mit ganz anderen Energiepreisen der Geschichte angehören wird. Er geht davon aus, dass die amerikanischen Millionenstädte das Schicksal von Detroit teilen werden, wo weite Areale des Stadtgebiets verlassen sind, die Häuser verfallen und die Natur den Raum zurückerobert.


Folge 2: Straßen verfallen

 Kunstlers Szenarien sind besonders beeindruckend. Ein Auto zu besitzen und zu fahren wird generell Luxus werden. Die Fahrzeugflotte wird deutlich zusammenschmelzen. Kunstler denkt an kleine, Energie-sparende Fahrzeuge, möglicherweise mit Elektromotoren, deren Energie von einer neuen Generation Atomkraftwerken erzeugt wird.

 Die USA verfügen derzeit über 2,6 Millionen Meilen asphaltierter Straßen, deren Fahrbahndecken wesentlich aus Öl bestehen. Ein gigantisches Netz von Interstates ist über das Land gespannt. Die aber sind ziemlich anfällig, sie müssen beständig gewartet werden. Wenn das nicht mehr bezahlbar sein sollte, werden sie in kürzester Zeit nicht mehr zu benutzen sein. Die Mobilität wird schwer darunter leiden. Auch der Transport. Der weitaus größte Anteil des Güterverkehrs in den Vereinigten Staaten, 64 %, wird über Trucks abgewickelt. Was ist, wenn die nicht mehr fahren?

 Der Flugverkehr wird noch stärker von hohen Ölpreisen betroffen sein, aus dem einfachen Grund, weil Treibstoff den größten Teil ihrer Betriebskosten ausmacht. Die Ära der Billigflieger kennt man bald nur noch vom Hörensagen. Ein Flugticket für ein paar Euro oder Dollar? Das klingt dann wie ein Märchen. Selbstverständlich wird es weiter Flugzeuge geben – für die Reichen, für die Mächtigen und fürs Militär.


Folge 3: Eine neue Ära der Landwirtschaft

  Seit 1940 ist die Produktivität der US-amerikanischen Landwirtschaft jährlich um 2 % gestiegen, insgesamt eine Verdreifachung während des 20. Jahrhunderts. Ähnlich war es in vielen Ländern dieser Erde. Eine einmalige historische Leistung.

 Das war einmal ganz anders. Traditionelle Formen der Landwirtschaft haben jeweils nur einen sehr kleinen Energie-Zugewinn gebracht: das, was die Sonne beim Wachstum und bei der Reifung des Getreides, Gemüses oder der Früchte hinzugab; Tiere halfen mit ihrer Arbeitskraft und ihren Exkrementen, die Energiebilanz zu verbessern.

 All das hat sich im Verlauf der „Grünen Revolution“ verändert. Ein gewaltiger Energie-Input aus fossilen Quellen ergoss sich über die Felder. In erster Linie als Kunstdünger. Kunstdünger wird aus Erdgas gewonnen. Hinzu kommen das Benzin für den Traktor sowie die Energie für die Transport- und Kühlkette; in Nordamerika legen Nahrungsmittel von der Farm bis zum Verbraucher im Schnitt 1.300 Meilen zurück. Hinter jeder Kalorie, die wir zu uns nehmen, steht also ein Mehrfaches an fossiler Energie. Wir essen Öl.

 Die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität hat im 20. Jahrhundert einen historisch einmaligen Zuwachs der globalen Bevölkerung erst möglich gemacht. Allein von 1950 bis 2000 stieg die Zahl der Menschen von 2,5 auf 6 Milliarden an, mittlerweile sind es 6.5 Milliarden. Was passiert, wenn nicht mehr so viel Energie für die Produktion von Nahrungsmitteln zur Verfügung steht? Oder wenn die Felder gar genutzt werden, um Biokraftstoffe zu erzeugen? Dies könnte, argumentiert Lester Brown, zu einer unheilvollen Konkurrenz führen: zwischen wohlhabenden Autofahrern und armen Menschen, die auf billige Nahrungsmittel angewiesen sind.


Folge 4: Globalisierung rückwärts?

 Alle diese Entwicklungen werden in der Realität natürlich gleichzeitig eintreten. Die Auswirkungen teurer Energie werden sich systemisch durch die Ökonomie, durch die Politik, durch die ganze Gesellschaft ziehen. Die Brötchen beim Bäcker werden teurer, weil die Produktion des Mehls mehr kostet, das Gleiche gilt für den Transport des Mehls, die Befeuerung des Backofens etc.; eine Weile fährt der Bäcker noch mit seinem Lieferwagen, der mit billigem Öl gebaut worden ist; aber irgendwann ist er kaputt – dann steigen die Preise ein weiteres Mal, weil nun die Fahrzeuge ebenfalls mehr kosten.

 Die Autoren sind mit einer Einschätzung des kommenden Ölpreises sehr zurückhaltend. Genauere Aussagen, wie hoch er steigen könnte, ob auf 100 $, 200 $ oder mehr, sucht man vergeblich. In jedem Fall werden hohe Energiepreise sich negativ auf die Wirtschaft aufwirken, wie genau, ob inflationär oder deflationär, auch darüber findet man relativ wenig. Denkbar ist, dass steigende Ölpreise eine regelrechte Depression auslösen werden, wodurch die Nachfrage sinken und die Problematik gemildert oder zeitlich gestreckt würde.

 Es gibt ja bereits Erfahrungen über die Auswirkung drastisch steigender Ölpreise während der Energiepreiskrise Anfang der 70er Jahre. Als nämlich die Entwicklungsländer so gut wir gar kein Öl mehr kaufen konnten. Schade, dass die Autoren diese Aspekte nicht aufgearbeitet haben.

 Dafür entwerfen sie beeindruckende Bilder über die Post-Peak-Ökonomie, wie sie in den USA aussehen könnte: eine Welt, in der die Menschen eher in kleinen und mittelgroßen Städten wohnen werden, eine Lebensweise, die deutlich ortsfester sein wird, eine Gesellschaft, die wieder mehr Arbeitskraft in die Landwirtschaft stecken muss, eine Ökonomie, in der das Ex-und-Hopp nicht mehr bezahlbar sein wird, wo die Dinge also langlebiger sein müssen, öfter repariert und upgedatet werden.


Süchtig nach Öl

 Kunster spricht von einem gewaltigen Trauma, das auf die menschliche Zivilisation zukommen wird. „Wir werden einfach nicht glauben können, dass uns dies alles widerfahren wird, dass 200 Jahre Modernität durch eine Energieverknappung in die Knie gezwungen werden. Diese Perspektive wird so hart sein, dass einige Individuen, möglicherweise ganze Gruppen, etwa Nationen, Symptome einer Depression mit suizidalen Anteilen entwickeln werden.“ Die Überlebenden, so sieht es Kunstler, werden als Antwort darauf eine Religion der Hoffnung entwickeln, entwickeln müssen.

 Sollten die Autoren mit ihren Szenarien die Zukunft nur annähernd richtig beschreiben, ist es in hohem Maße verwunderlich, wie wenig die Menschen auf den anstehenden Bruch vorbereitet sind. So sehen sie es selber.

Ref: Aachener Stiftung Kathy Bey
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Donnerstag, 20. April 2006

Der Himmel fällt uns auf den Kopf


Die schwarzen Tränen der Sonne hat mich in sich aufgesogen. Ich bin ein Teil des Manuskripts geworden. Meine Realität vermischt sich mit der fiktiven Welt des Buches, mir fällt es schwer die Welten auseinanderzuhalten. Global Warming, Peak Oil, Wasserknappheit, und die potentiellen Folgen machen mir zu schaffen. Ich versuche seit Tagen vergeblich Abstand zu gewinnen, doch je mehr ich zu diesem Thema recherchiere desto aussichtsloser scheint die Situation zu sein. Derzeit tanzt der Ölpreis um die $60 Marke ich bin jedoch sicher, dass Ende 2007 die $100 Marke überschritten wird.

Noch habe ich keine Ahnung was das Ganze bedeutet. Die Folgen könnten verheerend sein. Eines ist klar, die Verteuerung des Benzins an der Zapfsäule ist dabei noch das geringste Problem.
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Freitag, 28. Oktober 2005

When a dog takes over control …

Ich bin wieder zurück! Habe ich euch gefehlt? Einmal durch Australien auf einem Motorrad. (Ausführlicher Reisebericht hier und hier). Thomas Mann, Max Frisch, Sabina Naber, Horst Eckert, Dan Brown, Alexander Jardin, Stefan Slupetzki, Bernhard Salomon, Arundhati Roy und ein paar Andere in der Satteltasche. Ohne Internet, ohne E-Mail, ohne Telefon, ohne Fernseher.

Zurück in der Zivilisation gleich berieselt von zwei deutschen Krimis im australischen Fernsehen: »Inspector Rex« und »Bernstein und Bronski« (oder war es Bronski und Bernstein?) Kopfschüttelnd saß ich vor der Glotze und fragte mich: Ist das das Beste was der deutsche Krimi zu bieten hat und ist der deutsche Krimi als Exportprodukt international überhaupt konkurrenzfähig?

Absolut, meint Horst Eckert, vor kurzem noch ein Sprecher des Sydikats dem Verband der deutschsprachigen Krimiautoren. Er sagte, der deutsche Krimi habe das Stigma seiner mangelnden Tradition längst hinter sich gelassen und präsentiere sich derzeit als absolut konkurrenzfähig im europäischen Umfeld.

Der Berliner Kritiker und Herausgeber Thomas Wörtche schrieb zu dieser Frage vor gut einem Jahr: Der deutsche Krimi sei »irrelevant und unglücklich«, denn er habe keine Tradition und »ohne Tradition keine breite Kultur, höchstens Einzelstücke.«

Hans Peter Karr aka Reinhard Jahn antwortete in einem Interview auf die Frage nach der Lage des deutschen Krimis im Vergleich zur internationalen, vorwiegend englischen Konkurrenz: »Ohne die vielen Leser, die deutsche Krimis kaufen, hätten wir deutsche Autoren in den letzten Jahren unsere Position neben den internationalen Autoren nicht so gut ausbauen können. Diese Entwicklung wird sich auch in der Zukunft fortsetzen, davon bin ich überzeugt.« und bezieht sich auf internationale Konkurrenz im inländischen Buchmarkt. Er fügt noch hinzu: »Der deutsche Krimi ist immer dann gut und konkurrenzfähig, wenn er eine gute und spannende Geschichte aus der Welt erzählt, in der wir leben. Das haben Kollegen wie -ky, Molsner und Werremeier unter Beweis gestellt. Man darf den Leser nicht einfach mit Floskeln und Klischees abspeisen, nach dem Motto: "Harry, schau mal auf der letzten Seite nach, wer der Mörder ist!"«

Aha, wir verstehen.

Genug der theoreitschen Abhandlungen. Wen findet man in australischen Buchhandlungen?

Meine Erfahrung bei Dymocks in der Innenstadt ist typisch für lokale Buchläden:

»Hi, I’m looking for some German crime fiction«
»Sorry, can you tell me the name of the Author or a title or maybe an ISBN number?«
»Well, I can give you some Names: -ky, Molsner, Werremeier.«
»What? Can you spell them for me?«
»Okay, -ky, Minus Kilo Yankee. Molsner, Mike, Oscar, Lima, Sierra, November, Echo, Romeo ...«

Die nette, vielleicht etwas zu junge Buchhändlerin bemüht sich, sucht in mehreren Verzeichnissen, bemüht sogar Amazon, weil man dort sicher die ISBN fände sagt sie.

»Sorry«, sie kann ihren genervten Gesichtsausdruck nicht verbergen und schickt mich zur Konkurrenz.

Nach fünf Buchhandlungen endlich Erfolg. Er habe sich auf internationale Autoren spezialisiert. Gleich drei Bücher von Ingrid Noll hat er im Laden: Hell Hath No Fury, The Pharmacist und Head Count. Ich kaufe sie. Der Buchhändler ist froh, dass er sie los ist. Vor zwei Jahren habe er sie auf Kundenwunsch bestellt. Wurden nie abgeholt, seither verstauben sie im Regal. Deutsche Autoren? Grass und Mann gingen so la la sagt er. Auch Frisch. Lebende Autoren? Grass oder Bernhard Schlink mit seinem Vorleser, sonst fiele ihm keiner ein. Krimis? Außer Noll wisse er jetzt nicht wen er noch empfehlen könne. Außerdem deutsche Krimis? Ob ich denn nicht Fernsehen würde. Inspector Rex: »When a dog takes over control« — was bedeutet das eigenlich? — oder Derrick. Amber und Bossek (Er meint wohl Bernstein und Bronski), die neue Serie? Deutsche und Krims Na Ja? Hm, ach ja da war auch noch die Jellinek…
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Sonntag, 14. August 2005

Der eiserne Arsch auf einer Nackten (Eucla - Sydney)


Vier Uhr Morgens, nach einer kurzen Nacht, die Hyosung hat sich bis jetzt wacker geschlagen und fängt an Spaß zu machen. Ein kurzer Check: Öl, Kette, Beleuchtung, Blinker, Brems- und Kühlflüssigkeit, alles in Ordnung. Nur der verbogene Bremsgriff beginnt zu nerven. Und auch der Scottsoiler, der seiner Aufgabe nicht mehr nachkommt, da er von der Werkstatt an der falschen Stelle montiert wurde.


Der Eyre Highway führt jetzt direkt an der bis zu vierzig Meter abfallenden Steilküste entlang. Am Walzentrum im Marinepark Head of Bight tausche ich den defekten Griff aus und nutze diesen nicht eingeplanten Stop, um den rund 150 Walen zuzusehen, die hier jedes Jahr im warmen Wasser der Bucht kalben. Für drei Monate werden die Walbabys von ihren Müttern täglich mit 200 Liter Milch gefüttert, um sie für die 3.000 Kilometer lange Reise in antarktische Gewässer vorzubereiten.


Genug Wale geguckt. Für heute sind 1000 Kilometer ostwärts geplant. Viel zu sehen gibt es auf der Strecke nach Adelaide nicht. Ein Tankstop in Yalta, wo neben Benzin Aboriginal-Kunst verkauft wird, ein Stopp in Ceduna, das mit seinen rund 4000 Einwohnern zumindest die Illusion einer kleinen Stadt erwecken möchte, einer kurzen Pause in Kimba, das genau auf halben Weg zwischen Perth und Sydney liegt. Vorbei an Iron Knob, einem Hügel, der durch den Abbau von Eisenerz um 150 Meter geschrumpft ist, nach Port Augusta und weiter nach Adelaide.

Nach 2.700 Kilometern Einsamkeit wirkt das eigentlich ziemlich verschlafene Adelaide wie eine vibrante Großstadt. Hier funktioniert endlich mein Radio und ich muss mir nicht länger das Geschwätz des Windes anhören. Auf dem ersten Sender, den ich empfange, verspricht ein redseliger Wanderprediger Erleuchtung, wenn ich mich an Jesus wende und ihm eine freiwillige Spende überweise. Adelaide wird seinem Ruf, die Stadt der Kirchen zu sein, gerecht.


Eine heiße Dusche, frische Klamotten und ab an den Strand nach Glenelg, wo ich mir einen Käsekuchen und einen Café Latte gönne. Die Comet parkt direkt zwischen einer Buell und einer brandneuen Ducati. Ich kann es nicht fassen, sie stiehlt den Edelbikes tatsächlich die Show, wenn auch nur kurz."Hyo ... was? Wo kommt die denn her? Sieht nicht schlecht aus das Teil, taugt sie was? Bist du den ganzen Weg von Perth ... ?"


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Die Stadt ist an zwei Seiten von Hügeln umgeben. Hier liegt Hahndorf, ein Ort der verbissen sein deutsches Erbe pflegt, auch wenn es ein wenig wie Disney-Land wirkt. Dahinter findet man im Barossa Valley einige der besten Weine, die Australien zu bieten hat. Die Hyosung liebt die kurzen kurvenreichen Pässe durch die Hügel und will in die Kurven gedrückt werden. Mir ist alles recht, solange es nicht wieder geradeaus geht.


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Die urbane Atmosphäre Adelaides wirkt nach dem Ritt durch die Nullarbor eigenartig unwirklich. Ich kann es kaum erwarten, wieder den Gummi auf den Asphalt zu bringen. 1.700 Kilometer sind es von hier nach Sydney. Das sollte reichen, um im dritten Anlauf das IBA Saddle Sore 1600k Zertifikat zu erreichen. Gut ausgeschlafen mache ich mich am nächsten Morgen auf den Weg.

Die ersten 100 Kilometer geht es gut voran. Danach fange ich jedoch an, an meinem Verstand zu zweifeln und frage mich, warum ich mir das Ganze überhaupt angetan habe: Eine Kaltfront hat beschlossen, auch die Nullarbor zu durchqueren. Bisher war ich ihr voraus. Jetzt ist sie dabei, mich einzuholen. Bis Melbourne kämpfe ich gegen Windböen von bis zu 120 km/h an. Verschlimmert wird das Ganze noch durch fallende Temperaturen und ständig wechselnde Windrichtungen.

Solange der Wind direkt von hinten weht, ist er willkommen. Kommen die Böen jedoch seitlich, oder schräg zur Fahrtrichtung, macht die leichte Comet was immer der Wind ihr befiehlt. Teilweise muss die Maschine so stark in den Wind gedrückt werden, dass ich auf der seitlichen Kante des Sitzes hocke. Der magnetische Tankrucksack macht mehrmals Flugübungen.


Auf den 700 Kilometern bis Melbourne bleiben wieder zwei Stunden liegen. Die Einladung meines Freundes Roberts zum herzhaften Lunch beim Inder ist mehr als willkommen, auch wenn die Kaltfront auf ihrem Weg nach Sydney keine Mittagspause einlegt. Die Route wird wetterbedingt kurzerhand geändert und die Tour, nicht wie geplant der Küste entlang fortgesetzt, sondern über den Hume Highway, eine vierspurige Autobahn, die durch die Snowy Mountains führt. Eingepackt in Long Johns unter den Jeans, Regenkombi über der Lederjacke und darüber noch einen Thermooverall, der angeblich bis -33 Grad die Kälte fernhalten soll, mit Wollhandschuhen und darüber imprägnierten Thermohandschuhen hoffe ich, dem Wetter Paroli zu bieten.

Vergeblich, denn die Front beschließt, auf den restlichen 900 Kilometern den Hume Highway mit strömenden Regen, Schnee und ekeliger Kälte zu beglücken. Die Comet 650 hat damit kein Problem. Ich schon. Nach eineinhalb Stunden gibt die Imprägnierung der Handschuhe auf. Nachdem ich sie nach einem Tankstopp beinahe nicht mehr über die klammen Hände ziehen kann, beschließe ich, Helm und Handschuhe nicht mehr abzunehmen und ernte dafür bei jeder Tankstelle mitleidige Blicke. Die Feuchtigkeit hat mittlerweile ihren Weg unter den Regenkombi gefunden und beginnt sich im Schritt zu sammeln. Außerdem läuft es trotz Überschuhe in die Stiefel. Dagegen helfen auch die festgebundenen Plastiktüten nicht.

Man würde mir ja gerne einen Kaffee anbieten, aber dafür müsste ich den Helm ausziehen. Dankend winke ich ab. Die Unterschrift auf den Kreditkartenbelegen wird zur Tortour.


Als auf halber Strecke der Regen endlich nachlässt, lege ich einen Zahn zu. Doch wieder nur kurz. Schlechtes Wetter und Polizei treten anscheinend in Australien immer gemeinsam auf. Laserpistole, Blaulicht, rote Kelle.

Warum ich mit 130km/h in einer 100 Zone unterwegs sei, will der Constable wissen. Ob es dafür einen triftigen Grund gäbe? Keine Lust auf billige Ausreden, soll er doch den Lappen einkassieren.

Ich ertränke kurzerhand meinen österreichischen Charme in der nächsten Pfütze und erkläre ihm pampig, dass ich seit Adelaide im schlechten Wetter wäre und nur noch so schnell als möglich nach Sydney möchte. Ein heißes Bad, den Fernseher an, Cappuccino und Florentines. Der Gedanke gefällt mir.

Er nimmt meinen Führerschein und verschwindet für zwanzig Minuten in seinem gut geheizten Holden Commodore. Anscheinend überprüft er ganz genau meine Identität und die meiner Maschine. Ich versuche einstweilen meine Handschuhe am heißen Auspuff zu trocknen.

Er ist gründlich, weiß von der Vehicle Defect Compliance Notice seines westaustralischen Kollegens und ermahnt mich den defekten Tachometer so schnell als möglich reparieren zu lassen. Mittlerweile regnet es wieder in Strömen und ich sehe keine Chance mehr, rechtzeitig in Sydney anzukommen. Er belässt es bei einer Verwarnung. Völlig lethargisch setze ich mich auf den Bock. Der Anfang von Rainer Maria Rilkes Cornet geht mir nicht mehr aus dem Sinn:

REITEN, reiten, reiten, durch den Tag, durch die Nacht, durch den Tag. Reiten, reiten, reiten. Und der Mut ist so müde geworden und die Sehnsucht so groß. Es gibt keine Berge mehr, kaum einen Baum. Nichts wagt aufzustehen. Fremde Hütten hocken durstig an versumpften Brunnen. Nirgends ein Turm. Und immer das gleiche Bild. Man hat zwei Augen zuviel. Nur in der Nacht manchmal glaubt man den Weg zu kennen. Vielleicht kehren wir nächtens immer wieder das Stück zurück, das wir in der fremden Sonne mühsam gewonnen haben?


In Mittagong, zirka 100 Kilometer vor Sydney, hört der Regen dann schlagartig auf und das südliche Firmament begrüßt mich in seiner ganzen Pracht. Ich halte an, stelle den Motor aus und nehme den Helm ab. Den Kopf tief im Nacken kann ich mich an den unzähligen Sternen nicht satt sehen. Die Milchstraße ist ganz deutlich zu erkennen, das Kreuz des Südens, Orion. Ich wusste nicht, dass man so viele Sterne mit dem bloßen Auge erkennen kann.

Eine Stunde zu spät für das IBA Zertifikat (Thank you very much Constable) komme ich in Sydney in meinem Hotel an. 1.600 Kilometer in 25 nassen Stunden. Nach einer heißen Dusche und einem kräftigen Frühstück fahre ich nach Kiribilli, um von dort den Sonnenaufgang über Hafenbrücke und Opernhaus zu beobachten.


Die Comet 650 hat den Trip ohne Probleme überstanden. Die Sitzposition erwies sich auch auf dieser langen Tour als entspannt und bequem, der Motor als kräftig und zuverlässig. Das Fahrwerk ist zwar hart und erweckt den Eindruck mehr zu fordern, als es letztendlich tut, ist aber im Grunde gutmütig und steckte so manchen Fehler des Fahrers problemlos weg. Wirklich störend erwiesen sich nur die schlampige Auslieferung und die damit verbundenen Kinderkrankheiten. Um ehrlich zu sein, die kleine Schwarze hat mich für sich gewonnen. Ich werde sie behalten.

Schlechtes Wetter, Highway Patrol, Kängurus und die Öffnungszeiten des Nullabor Hotels haben zwar den Traum vom IBA Zertifikat "Saddle Sore 1600k" zunichte gemacht 4.731,7 Kilometer in 71 Stunden, auch ohne Saddle Sore oder Bun Burner Zertifiakt habe ich meinen eisernen Hintern bewiesen.

Dennoch in ein paar Wochen starte ich einen neuen Versuch. Diesmal reite ich die Nackte 2.500 Kilometer hoch nach Broome und der Küste entlang zurück nach Perth...
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