Dienstag, 1. Februar 2005

Peter Scott

Immer mehr entwickle ich mich zu Peter Scott. Er lebt in meinem Kopf, ich werde er, denke wie er, handle wie er, spreche wie er, recherchiere wie er, bin zynisch wie er, selbst seine Depressionen verfolgen mich. Oder ist Peter Scott ich, war immer ich, wurde nur von mir bisher nicht herausgelassen?

Dabei sind wir uns gar nicht ähnlich. Peter ist Anfang siebzig, ein Fotograf, denkt in Bildern und mag keine Menschen. Lese ich jedoch die letzten Einträge in meinem Blog sehe ich, dass er bereits von mir Besitz ergriffen hat. Seine Augen blicken mich vorwitzig an, wenn ich mir im Spiegel begegne.

Er würde unkonventionelle Wege gehen die wahre Identität Annas herauszufinden. Ich dagegen laufe immer wieder gegen eine Wand. So, wie es aussieht gibt es nicht einmal eine genaue Personenbeschreibung von Anna, von einem Foto ganz zu schweigen. Erstaunlich wenige Menschen haben sie wirklich gesehen. Wie will man den Hintergrund einer Person herausfinden, die man nicht einmal beschreiben kann? Wonach soll man suchen? Sie ist real, sie existiert wirklich. Ich habe versucht sie heute in Baxter anzurufen. Anna wollte nicht mit mir reden.

Peter Scott ist nicht real, ich habe ihn erschaffen. Nein, nicht wie Gott Adam aus Lehm und Staub, ich quälte dazu die Tatstatur an meinem Computer. Je mehr Tasten ich bis zum Anschlag durchhämmerte, desto klarer wurde das Bild des Protagonisten in meinem neuen Buch »Die schwarzen Tränen der Sonne«. Peter erzählt seine Geschichte aus seiner Perspektive. Peter entwickelte ein Eigenleben, wurde mit jedem Tastenschlag stärker. Erst habe ich ihn kreiert, ihm die Richtung vorgegeben, seine Schwächen und Stärken, seine Wünsche, Träume und Ängste definiert. Doch jetzt übernimmt er immer mehr die die Führung. Peter weiß was er will. Ich bin sein Protagonist, seine Figur auf dem Schachbrett. Heute hat er sogar angefangen mit mir zu sprechen.

Gibt es einen schöneren Beruf als Schriftsteller?

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