Dienstag, 8. Februar 2005

Glauser vs. Deutscher Krimipreis

In meiner E-Mailbox schlugen gestern einige Kommentare zu den wichtigsten deutschen Krimiauszeichnungen auf. Der Grundtenor:

Beim Glauser werde ohnehin nur gemauschelt, man brauche Beziehungen um überhaupt in die Jury zu kommen. Selbst die Frage, ob die Juroren für die Bücher selbst bezahlen müssten, wurde gestellt. Einer sagte: »komm schon gib’s zu, die Verlage machen doch nette Geschenke, dass ihr Buch gewinnt.« Auch der deutsche Krimipreis sei ein Witz. Man betrachte nur die Auszeichnungen von diesem Jahr, Schätzing wäre gar kein Krimi und der größte Witz wäre, dass sich Krimikritiker als Literaturwissenschaftler bezeichnen würden. Lars Schafft von der Krimicouch hätte letztes Jahr mit seiner Kritik am DKP recht gehabt usw. usf.


Alien vs. Preditor. Hier werden Bananen mit Affen verglichen. Was sind die beiden Preise eigentlich?

Der deutsche Krimipreis — Ein Titel ohne Mittel?

Er wird wie folgt vergeben (Quelle: http://www.kaliber38.de/preise/dkp.htm)
Der Deutsche Krimi Preis ist eine Auszeichnung, mit dem eine rund dreißigköpfige Jury aus Kritikern, Buchhändlern und Wissenschaftlern einmal im Jahr ihre Favoriten prämiert. Die Juroren sind aufgerufen, die Neuerscheinungen des Jahres zu sichten, und dürfen ihre drei Favoriten in den Kategorien "National" und "International" mit drei, zwei und einem Punkt auszeichnen. Schließlich werden alle Zettel ausgewertet, die Punkte zusammengezählt und in den beiden Kategorien jeweils das Buch, das die meisten Punkte auf sich vereinigen konnte, zum Preisträger des Jahres ernannt. Ebenfalls benannt werden die Titel, die auf die zweiten und dritten Plätze gelangten.

Ich finde das Verfahren ist relativ transparent. Dass hier einiges durch den Rost fällt ist vorprogrammiert und läßt sich nicht vermeiden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Juroren alle Neuerscheinungen des Jahres ... sichten. Wie viele sind das? 1500? Berücksichtigen wir nur die Originalausgaben kommen wir immer noch auf 750.

Aber darum geht es gar nicht. Der DKP ist eine Auszeichnung, ohne Preis. Deutscher Krimipreis kling gut und die Aufkleber auf den ausgezeichneten Büchern machen was her. Doch das wars dann auch schon.

Die Bekanntgabe der Gewinner erfolgt für einen Krimipreis eher unspektakulär und fade, vergleichbar mit einem Krimi, bei dem man auf den ersten Seiten schon erfährt, wer der Mörder ist. Die Spannung ist irgendwie ruiniert, wenn man, wie im letzten Jahr, im Januar eine PR-Meldung mit den Gewinnern versendet, dem Sieger aber erst im Oktober die Urkunde übergibt. Ein Preisgeld gibt es ohnehin nicht, aber ›viel Ehr‹ für den Ausgezeichneten.

Außer einer kleinen Gruppe von extrem loyalen Krimifans, engagierten Buchhändlern den Autoren und vielleicht noch den Verlagen, nimmt von der Vergabe in der jetztigen Form niemand Notiz. Das könnte man ändern, indem man sich finanzstarke Sponsoren sucht, das Ganze etwas spektakulärer aufzieht und den Preis dem Namen entsprechend dotieren würde.

Doch Manchmal kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass genau das in Deutschland als anstößig gilt. Event, Vermarktung, Selbstvermarktung, Verkaufszahlen steigern...

»ihhhhhhgitt Pfui! Wie kannst du nur! Hey, wir sind hier doch nicht in Amerika! Junge wir sprechen von Literatur nicht von Kommerz! Literatur und Kunst vermarkten? Du bist wohl zu lange ohne Hut in der australischen Sonne gesessen, was? Sag spinnst du jetzt total? Also wirklich!«

Sure Buddy, I hear you!

Ist der Friedrich Glauser Preis besser?

Eigentlich eine blöde Frage. Was ist besser, Oscar oder Golden Globe? Nochmal: Wie soll man eine von Kritikern vergebene Auszeichnung mit einem von Autoren vergebenen Preis vergleichen?

Sorry mate, same diff.

Der Glauser wird wie folgt vergeben (Quelle: http://www.das-syndikat.com )
Zur Erinnerung an ihren "Schutzpatron" verleiht das SYNDIKAT jedes Jahr im Rahmen der CRIMINALE den GLAUSER-Autorenpreis deutsche Kriminalliteratur, dotiert mit 5000 Euro (bis 2001: 10.000 Mark) in kleinen, nicht fortlaufend numerierten Scheinen, für den besten deutschsprachigen Kriminalroman des vergangenen Jahres, sowie einen "Ehrenglauser" für das Gesamtschaffen einer Person, die sich in besonderem Maße um den deutschen Kriminalroman verdient gemacht hat. Der "Ehrenglauser" ist nicht dotiert und wird in Form einer Bronzefigur des "Wachtmeister Studer". Ab 2002 wird der GLAUSER auch den Sparten DEBUTROMAN (dotiert mit 1500 Euro) und KRIMINALSTORY (dotiert mit 1000 Euro) verliehen. Darüber hinaus vergibt das SYNDIKAT seit 2001 den nach dem Autor Hansjörg Martin benannten MARTIN für den besten Kinder- und Jugendkrimi. Der MARTIN ist mit 2500 Euro dotiert.

Die Jury besteht aus fünf Krimiautoren. Drei Juroren des Glausers werden jedes Jahr auf der Hauptversammlung des Syndikats gewählt. Zwei weitere Plätze in der Jury gehen an die Gewinner des Vorjahres. Bei der Vergabe spielt es keine Rolle, ob das ausgezeichnete Buch von einem Autor geschrieben wurde, der im Syndikat Mitglied ist oder nicht.

Im Gegensatz zum DKP müssen die Verlage ihre Bücher einreichen. (Nur so nebenbei, weder Piper reichte Astrid Paprottas ›Die ungeschminkte Wahrheit‹ (Rang 1 DKP) noch Kiepenheuer & Witsch, Frank Schätzings ›Der Schwarm‹ (Rang 2 DKP) für den Glauser ein.) Im Übrigen muss der Autor des eingereichten Buches nicht im Syndikat sein, um den Preis zu gewinnen.

Die Juroren — in diesem Jahr waren es Gabriele Wolff, Norbert Horst, Dorle Gelbhaar, Klaus Dewes und ich — lesen die eingereichten Bücher. Auf der Jurysitzung, sie findet meistens Anfangs Februar statt, werden dann die Gewinner bestimmt. Die Preise selbst werden dann in einem spektakulären Event auf dem ›Tango Criminale‹ vergeben.

Alles Scheiße, oder was?

Nein, ganz und gar nicht. Nur nicht perfekt und sicher verbesserungswürdig.

Ich würde es gerne so fromulieren: Ich arbeite daran irgendwann sowohl den Deutschen Krimipreis als auch den Glauser zu gewinnen! — Macht sich gut im Lebenslauf und der Glauser füllt sogar die Kasse ein wenig auf!

Klotzen, Leute, nicht kleckern! Alles klar?

Alles Liebe aus dem sommerlichen Perth

Marcus Starck

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Geschrieben von Ludger http://www.blog.der-buecherfreund.de/index.php?p=38“Glauser vs. Deutscher Krimipreis” heißt der neueste Eintrag von Herrn Starck (dass ist der mit “SexDotCom”, jenem Insider-Krimi-und-Hau-Drauf-und-vielen-Ferkeleien-Bericht aus der schmutzigen Welt der New Economy und der noch schmutzigeren Welt des Porno-Business, welches so gerne ein Skandalbuch gewesen wäre, es aber leider knapp verpasst hat, weil sich nur ein paar geprellte Anleger des darin skizzierten AdultShop wirklich darüber aufgeregt haben, den meisten Krimilesern aber schlicht egal war), der nach seinem Debüt in diesem Jahr in der Jury des Glauser-Autorenpreises 2005 sitzt und somit über die Vergabe des “Glausers” entscheidet. Nun wärmt Starck eine Diskussion auf, die es schon im letzten Jahr gab (siehe hier und hier) und die schon damals keinen wirklich interessierte. Schon allein der Vergleich zwischen einem Kritikerpreis und einem Autorenpreis ist dummes Zeug, es sind die berühmten Äpfel und Birnen - oder Affen und Bananen, wie es Herr Starck in einem Anflug von Erkenntnis selbst bezeichnet. Ansonsten rennt Herr Starck (der ja eigentlich in Australien lebt und sich vielleicht mal die dortige Krimiszene angucken sollte) die bekannten offenen Türen ein, die Jan Christian Schmidt schon im letzten Jahr skizziert hat.

Wie dem auch sei, Marcus Starck ist in diesem Jahr in der Jury, scheint sich aber seines Urteils schon im Vorfeld nicht sehr sicher zu sein.


“Im Gegensatz zum DKP müssen die Verlage ihre Bücher einreichen. (Nur so nebenbei, weder Piper reichte Astrid Paprottas ›Die ungeschminkte Wahrheit‹ (Rang 1 DKP) noch Kiepenheuer & Witsch, Frank Schätzings ›Der Schwarm‹ (Rang 2 DKP) für den Glauser ein.)
Marcus Starck: Glauser vs. Deutscher Krimipreis
Es sind also die Verlage, die gepennt haben, deshalb kein Glauser für Paprotta, kein Preis für Schätzing. Schon mal auf die Seite von Astrid Paprotta, der Siegerin des DKPs geschaut? Was findet sich da unter den FAQ

“Weitschweifig und von eigener Wichtigkeit beseelt über die eigenen Bücher zu parlieren, liegt mir nicht. Ich trete auch nirgendwo ein, warum sollten sich beispielsweise die Farbe Blau liebende Menschen in einer Vereinigung der Farbe Blau liebenden Menschen zusammenschließen? Nur weil es dämlich ist.
exit
Astrid Paprotta
Es sage keiner, dies sei kein Argument, warum Frau Paprotta offensichtlich nix mit einer Vereinigung Namens “Syndikat” zu tun haben will und somit für den Glauser nicht in Frage kommt.

Was wird also dieses Jahr passieren? Nichts. Irgendwann im März oder April kommt die Liste mit den nominierten Krimis für den Glauser und etwas später dann die Liste mit den Gewinnern, die dann während der Criminale im HSK ausgezeichnet werden. Schön für die Autoren und Autorinnen - die meisten Krimileser werden es achselzuckend zur Kenntniss nehmen (wenn überhaupt).

Kriminalliteratur hat in Deutschland eben keine Lobby (bis auf ein paar Leute, die sich wirklich damit auseinandersetzen) und wie Thomas Wörtche es formuliert hat “keine Tradition”. Krimi bedeutet in diesem Lande eben immer noch Agatha Christie, Martha Grimes, Dan Brown oder Leslie Silbert (der neue Shooting-Star). Da kann man noch soviel Event betreiben. Es interessiert nur ganz wenige Leute. Das darum solche Preise kaum wahrgenommen werden (mal ehrlich, wer hat die Gewinnerin vom letzten Jahr noch auf der Reihe?) - wen wundert es?

Also “Alles Scheiße, oder was?” wie es Herr Strack formuliert?. Jein: Schade, dass es immer noch keine wirklich breite Krimikultur in diesem Lande gibt. Aber es gibt die Nischen, die feinen, kleinen Ecken und Plätze, engagierte Verlage wie Distel oder Pulp Master (in dem Herr Starck erscheint), es gibt die Alligatorpapiere, es gibt die klugen Buchhändler/innen, wie Frau Fauser in München oder Herrn Sarrazin in Köln, und es gibt auch immer wieder gute, neue Autor/innen. Man muss sie nur suchen. Das bedeutet Arbeit und dafür sind die meisten Krimileser einfach zu bequem. Gute Kriminalliteratur muss auf Widerspruch stoßen, muss die Konfrontation suchen, unbequem sein. In Zeiten, die von vielen Menschen als immer härter empfunden werden (unabhängig ob dies objektiv zutrifft), sehe ich gute Chancen für solche Bücher.

Marcus Starck hat gesagt…

Nett Ludger. Ich hab' diesen Sermon allerdings schon in deinem Blog gelesen. Warum hast du es noch einmal bei mir geposted? Hat das irgend einen spezifischen Grund? Soll ich dazu Stellung nehmen:

Bitte schön, mach ich doch gerne:

Lustig, wir sind offensichtlich einer Meinung.

Und jetzt? Was ist dein Punkt? Ich glaube ich kann dir nicht folgen. Worauf willst du hinaus?

Marcus

Anonym hat gesagt…

Komisch, ich weiß nicht, wer das bei Dir ins Blog gestellt hat, ich war es NICHT, wie Du hoffentlich an der jetzigen IP-Adresse sehen wirst.
Danke.
Ludger

Marcus Starck hat gesagt…

Ahem, wo sehe ich die IP Adresse?

Wurscht, Glaub ich dir auch so!

Übrigens Ludger, dein Blog gefällt mir immer besser!

Marcus

Marcus Starck hat gesagt…

Nachtrag. Ich hab die IP Adresse gefunden. Steht im E-Mail, das Blogger mit jedem neuen Eintrag schickt.

Betätigt: Ist nicht identisch.

Marcus

Anonym hat gesagt…

Betätigt: Ist nicht identisch.

Na, dann ist das ja geklärt ;-)

Ernsthaft: Glaubst Du wirklich, dass "Event, Vermarktung, Selbstvermarktung, Verkaufszahlen steigern..." mehr Qualität bringt? Alex hat dass doch schon sehr schön formuliert. Ist ja alles schon da und wird fleißig gemacht. Ich bin der Letzte, der kein Interesse an mehr und vor allem besseren Krimis hat. Beide Preise sind mir (als kritischer Leser) durchaus wichtig (im Gegensatz zu vielen anderen) - um so mehr habe ich mich z.B. im letzten Jahr geärgert. Aber das ist eine andere Geschichte.

Gruß
Ludger

Marcus Starck hat gesagt…

Lieber Ludger,

in meinem obigen Eintrag habe ich versucht die Unterschiede zwischen den beiden Auszeichnungen herauszuarbeiten, weil mein »Bericht aus Bonn« zu einer Schwemme E-Mails in meiner Inbox führte, die alle mehr oder weniger über das Prozedere der Preisvergabe mokierten, dabei aber auf den Vergabemodus nicht eingingen. Einige Beispiele habe ich im zweiten Absatz zitiert.

>Ernsthaft: Glaubst Du wirklich, dass "Event, Vermarktung,
>Selbstvermarktung, Verkaufszahlen steigern..." mehr Qualität
>bringt?

Natürlich nicht, aber an der Vermarktung scheitern die meisten deutschen Krimis, auch die wirklich Hervorragenden. Es ist halt nicht getan, alles daran zu setzen möglichst viele Rezensionen in Zeitungen zu bekommen.

Aber darum ging’s mir gar nicht. Ich finde dass ein Genre, das mittlerweile einen relativ großen Teil des heiß umkämpften Buchmarkt für sich beansprucht, auch selbstbewusst auftreten darf. Sowohl der Deutsche Krimipreis als auch der Glauser sind schlichtweg zu wichtig um unter den Teppich gekehrt zu werden.

>Alex hat dass doch schon sehr schön formuliert. Ist ja alles schon
>da und wird fleißig gemacht.

Ja ich hab’s gelesen und stimme dem zu.

>Ich bin der Letzte, der kein Interesse
>an mehr und vor allem besseren Krimis hat. Beide Preise sind mir
>(als kritischer Leser) durchaus wichtig (im Gegensatz zu vielen
>anderen) - um so mehr habe ich mich z.B. im letzten Jahr geärgert.
>Aber das ist eine andere Geschichte.

Genau darum geht’s mir. Die Preise, mit denen ich selber irgendwann einmal ausgezeichnet werden möchte ;-), sind viel zu wichtig. Verdammt, man braucht sich damit nicht zu verstecken. Hier kommt der Gesichtspunkt des Vermarktens eines gesamten Genres ins Spiel und eine große Chance hier etwas Gutes noch besser zu machen.

Marcus