Freitag, 1. Jänner 1971

Ein Leben zusammengefasst

Ich mag Äpfel, Granny Smith, sauer, saftig und grün. Immerhin bin ich unter einem Apfelbaum entstanden, sagt zumindest mein Vater. Meine Mutter sagt dazu nichts. Eine laue Sommernacht, Ende Juni 1962 soll es gewesen sein. Conny Froboess stürmte mit »Zwei kleine Italiener« die deutsche Schlagerparade, Elvis war In und natürlich die Beatles. Bruce McLaren gewann in seinem Cooper den Grand Prix von Monte Carlo und Nikita Chruschtschow löste mit seiner Operation Anadyr beinahe den dritten Weltkrieg aus.

Das Krankenhaus, in dem meine Mutter mich zur Welt brachte, lag gegenüber dem Friedhof eines kleinen Städtchens im oberösterreichischen Voralpenland. Lag, weil heute steht dort ein Altersheim, der Apfelbaum, schon lange gefällt, ein dreistöckiges Apartmenthaus hat ihn auf dem Gewissen, der Friedhof ist, wo er immer war.

Meine Kindheit verbrachte ich gegenüber einer Kaserne. Mein Vater, ein Offizier des österreichischen Bundesheeres, zog es vor, nahe seiner Dienststelle zu wohnen. Also wuchs ich erst einmal zwischen Schützenpanzern, Soldaten und Gewehren auf, wurde eingeschult und verliebte mich in meine Lehrerin. Wahrscheinlich war der Altersunterschied doch zu groß, unsere Beziehung hatte keine Zukunft, doch seither habe ich ein gestörtes Verhältnis zu Lehrern. Immer noch. Jetzt leiden die Lehrer meiner Kinder unter mir.

Meine Eltern entdeckten die Religion und einen Gott, der das Töten hasst. Das war dann das Aus der vielversprechenden Berufssoldatenkarriere mit Pensionsanspruch und Dienstwohnung. Deshalb Möbel in den Umzugswagen und zurück zum Apfelbaum. Dort, der von vornherein zum Scheitern verurteilte Versuch, auch mich als bibelfesten Zeugen Jehovah's aufzuziehen.

Lehrer konnte ich nicht leiden, sie mich auch nicht. Wer hat angefangen? Huhn und Ei, würde ich sagen, wobei ich immer noch dazu tendiere, meiner ersten großen Liebe die Schuld zu geben, oder hatte ich immer schon ein Problem mit Autorität? Kann sein. Jedenfalls prophezeite man mir schon recht bald eine steile Karriere: »Wenn du so weiter machst, kommst du zur Müllabfuhr oder wirst Straßenkehrer«. Müllabfuhr war mir lieber, die arbeiteten immer nur Freitags und ich fragte mich, was an diesen Jobs so bedrohlich sein sollte.

Lesen habe ich dennoch gelernt, schreiben und rechnen auch. Meistens stand allerdings »Thema verfehlt« unter meinen Aufsätzen. Mein Mathelehrer wollte die kreativen Wege, die ich entwickelte, um die gestellten Aufgaben zu lösen meist nicht akzeptieren. Lehrer konnten sich ohnehin gflücklich schätzen, sollten sie überhaupt in den Genuss gekommen sein, je eine Arbeit von mir zu Gesicht bekommen zu haben.

Ich liebte es, Geschichten zu erzählen und kam schnell in den Verruf ein Geschichtenerzähler zu sein. Irgendwann hatte ich genug von »Lass ihn nur reden!« oder »Aus dir wird nie was Vernünftiges!« und beschloss doch »Etwas« aus meinem Leben zu machen. Was immer das auch bedeutete.

Elektrotechnik klang nicht schlecht. Ich belegte diesen Studiengang, Schwerpunkt technische Informatik, und ließ mich zum Dipl. Ing. ausbilden und fing an Artikel für Fachzeitschriften zu schreiben. Eine Zeitschrift bot mir in München eine Stelle als Redakteur an, die ich annahm. Nebenbei studierte ich Journalismus.

Mittlerweile war ich verheiratet und hatte eine Tochter, ein Sohn war unterwegs. Insgesamt haben wir es zu drei Mädchen und drei Jungs gebracht. (Ja, ja, wir haben auch andere Hobbys und wir haben viele Bücher und auch einen Fernseher - ich kann's nicht mehr hören!).

Meine Karriere führte immer weiter vom Geschichtenerzählen weg, hinein in die trockene Welt des Managements. Zahlen, Statistiken, langweilige Meetings, Strategien, Erfolg, Shareholder Value, Geld, Geld und wieder Geld. Irgendwann fand ich mich in der Geschäftsführung einer internationalen Verlagsgruppe wieder, es blieb keine Zeit mehr für meine Familie.

Ein schwerer Verkehrsunfall hatte zur Folge, dass ich mich für sechs Monate ins Klinikum Großhadern legen musste und mich ernsthaft fragte, ob das wirklich das »Etwas« war, das ich aus meinem Leben machen wollte. War es nicht. Deshalb packte ich meine Familie in ein Flugzeug, unsere Möbel in einen Container und ab nach Australien.

Unser Ziel war Perth, wegen der durchschnittlich acht Stunden Sonne am Tag, den kilometerlangen, menschenleeren, weißen Stränden, den freundlichen Menschen und dem guten Wein. Ein Haus am Meer, ich kann den Yachthafen und den Strand überblicken. Auf dem Grill brutzeln Lobster, der Wein steht griffbereit im Kühler und ich beobachte die Fischerboote beim Einlaufen. Die ideale Atmosphäre, um Geschichten zu erzählen und sie auch aufzuschreiben. So der Plan.
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Presseecho

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